Essstörung

Magersucht (Anorexia Nervosa)
Der Begriff “Anorexia“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich soviel wie „Appetitlosigkeit“. Mit dem Zusatz „nervosa“ ist gemeint, dass das Phänomen „nervlich“ bzw. psychisch bedingt ist. Der Begriff wurde im 19 Jahrhundert geprägt.

Diese zumeist bei pubertierenden Mädchen und jungen Frauen auftretende Störung stellt im allgemeine eine Verweigerung der Annahme der Geschlechterrolle dar, die in verschiedenen Ursachen begründet sein kann. Mit der Unterbrechung der ausreichenden Nahrungszufuhr soll die Entwicklung typischer weiblicher Attribute, wie der Brüste, und das weitere Hineinwachsen in die weibliche Rolle verhindert werden. Bei den oft narzisstischen Patientinnen geht zuweilen gleichzeitig und folgerichtig mit der Anorexie eine Amenorrhö ein her.

Die meiste anorektischen Patientinnen waren nicht übergewichtig, als sie anfingen, abnehmen zu wollen, vielleicht waren höchstens „pummelig“. Sie sind nicht zufrieden mit der Abnahme von einigen Kilogramm, also verstärken sie ihre Anstrengungen noch. Das normale Gewicht für ihr Alter und Grösse erscheint immer noch zu viel. Es scheint keine Grenzen zu geben, trotz der fortschreitenden Abmagerung bleibt die Angst, dick zu werden. Die kleinste Gewichtszunahme löst eine Schock aus.

Aufgrund ihrer Unterernährung ist die kognitive und emotionale Welt der Betroffenen (Denken und Fühlen) sehr eingeengt. Sie verbringen einen grossen Teil ihrer Zeit damit, Kalorien zu zählen und sich Gedanken übers Essen zu machen, immer mehr und mehr „gesunde“ Nahrungsmittel zu suchen, die wenig Kalorien enthalten, besonders Zucker und Fett sind tabu. Anorektische Patientinnen sind ausgesprochen fleissig und leistungsorientiert, arbeiten oder lernen viel und oft mit besseren Ergebnissen als zuvor. Sie sind ständig in Bewegung und treiben Sport um den imaginäre Bauch los zu werden. Andere sind so ruh- und rastlos, dass sie kaum sitzen oder liegen können, sie fühlen sich einfach nicht krank. Familie, Freunde oder Partner bemühen sich, um die Betroffene dazu zu bringen, einen Arzt oder Psychotherapeuten zu konsultieren.

Solche Patientinnen bekommen oft Fressattacken (Heisshungeranfall), Das Bild ähnelt dann sehr dem einer Bulimie, beide Essstörung hängen eng zusammen.

Die klassische Psychoanalyse (Standardverfahren) ist immer eine Einzeltherapie, wobei die AnalysandIn auf einer Couch liegt und die AnalytikerIn am Kopfende dieser Couch sitzt.
Es gibt dadurch keinen Blickkontakt zwischen AnalysandIn und AnalytikerIn.

Bulimie (bulimia Nervosa)

Der Begriff “Bulimie” (griechisch für Ochsenhunger) ist streng genommen unzutreffend, da es sich um eine medizinische Kontrolle handelt, worunter Menschen leiden. Es gibt jedoch auch Formen von Völlerei, die nicht notwendig als Problem zu betrachten sind. Wir können von Bulimie sprechen, wenn jemand dieses Essverhalten als unerwünscht betrachtet oder darunter leidet und damit die Vermeidung einer Gewichtszunahme oder das Abnehmen auf ein niedrigeres Niveau vor allem durch selbst herbeigeführtes Erbrechen oder durch die Einnahme von Abführmitteln sowie durch fasten oder strenges Diäthalten oder eventuell in Kombination mit extensiver körperlicher Bewegung.

Die Bulimie bleibt häufiger unbemerkt, da man den Betroffenen meist von aussen nichts ansieht. Aus Scham oder Schuldgefühlen verheimlichen die Betroffenen die Bulimie oft. Haben sie jedoch einmal die Gelegenheit, sich einem vertrauten und wohlwollenden Gesprächspartner anzuvertrauen, ohne befürchten zu müssen, verurteil zu werden, erleben sie dies als grosse Erleichterung.

Viele PatientInnen empfinden es als Fressanfall, wenn sie eine kleine Mahlzeit mit mehr Kalorien, als sie sich selber erlauben, essen. Wir sprechen von Fressanfall, wenn die Menge der verzehrten Nahrung sehr gross ist, e. h. doppelt so viel wie bei einer normalen Mahlzeit.

Bei einem echte Fressanfall werden. z.B. innerhalb einer halben bis einer Stunde Nahrungsmittel mit einem Brennwert von 2000 bis 10000 Kalorien verschlungen. Kennzeichen für solche Attacken sind das plötzlich Auftreten und die kurze Dauer.

Bulimische Patientinnen haben während eines Fressanfalls das Gefühl, völlig die Kontrolle über ihr Essverhalten zu verlieren. Sie scheinen von einem unwiderstehlichen Drang überwältig zu werden, immer weiter zu essen. Sie essen bis nicht mehr hineingeht, in der Regel essen sie bei einem Fressanfall gerade die Dinge, die sie sich sonst nicht erlauben. Manche PatientInnen planen die Fressanfälle im vor aus und manchmal essen sie mehrere Stunden durchgehend.

Sie haben Angst davor dick zu werden. Aus diesem Grund sind auch die Gegenmaßnahmen, zu denen die bulimischen PatientInnen greifen, häufig drastischer als der Anorexiepatientinnen. Das auslösen eines Brechreflexes (meist, indem ein Finger tief in dem Hals gesteckt wird) und/oder Einnahme großer Mengen an Abführmittel zählt zu diesen Maßnahmen, auf Grund dessen haben die meisten „Normalgewicht“. 

Nur selten haben sie Fressanfälle in der Anwesenheit anderer Personen, sie führen ein „Doppelleben“ und verheimlichen ihre Bulimie aus Scham oder aus Schuldgefühlen. Aus Angst vor Ablehnung spielen sie oft sogar ihren Ehemänner oder Partnern jahrelang etwas vor.

Adipositas (Fettsucht)

Meist liegen die Ursachen für die Fettsucht in einer Gewohnheitsbildung aus der Kindheit. Dabei handelt es sich meistens nicht um eine „vererbte Drüsenschwäche“, die in die Familie liegt, sondern um eine frühkindliche Mästung und Erlernung des in der Familie liegenden Essfehlverhaltens von einer Identitätsfigur. Auch die Schutzbehauptung der Dicken, dass sie so gut wie nichts essen, stellt meist eine Verdrängung des tatsächlichen Verhaltens dar.

Sicher spielt die individuelle nervalendokrine Konstitution eine gewichtige Rolle in der Frage, wie viel der einzelne essen darf, ohne übergewichtig zu werden. Auch hormonelle Umstellungen, wie sie besonders im Leben der Frau mehrmals auftreten können, so bei der Pubertät, in Folge einer Schwangerschaft und nach dem Klimakterium, sind in den beiden letztgenannten Fällen oft vordergründiger Auslöser eines zu sehr in die Breite tendieren Körperbaus. Der tatsächliche Grund liegt aber auch hier in einer Sucht oder zumindest Gewohnheitsbildung, in dem nämlich die Betroffenen nicht in der Lage waren, ihre Ernährungsgewohnheiten den veränderten Bedingungen anzupassen.

Der Griff in den Kühlschrank als unbewusste Ersatzbefriedigung für nicht erfüllte Sehnsüchte schlägt sich im sogenannten „Kummerspeck“ nieder. Insbesondere bei adipösen Frauen kann die Fettleibigkeit auch ein sexuelles Verhinderungsmotiv sein, indem die Frau für die Männerwelt im allgemeinen oder ihren Partner im besonderen unattraktiv sein will. Eine pubertäre Dysmorphophobie (Angstvorstellung, missgebildet oder hässlich zu sein) kann ebenfalls eine Adipositas begünstigen, wenn das junge Mädchen sich für so hässlich hält, dass es glaubt, auch die Fettleibigkeit könne nicht mehr verderben.

Am stärken spielt bei der Fettsucht auch das Motiv der oralen Einverleihung im Freudschen Sinne mit. Das Essen wird mit Wohlgefühl gleichgesetzt.

In der Psychoanalyse gelten unbewältigte Konflikte in der Kindheit als Ursache psychischer Störungen. Diese Kindheitserlebnisse sollen im Unbewußten weiterwirken und sich in den Symptomen der Erwachsenen ausdrücken.